Mittwoch, 30. April 2008

allen bus-assistenten gewidmet

motorisierte fortbewegung in peru funktioniert anders als in deutschland. ausser den wenigen privatwagen und den zahlreichen gelben taxis, verkehren micros, combis und colectivos. und mit einem micro oder combi kommt man in peru ueberall hin. wenn nicht, braucht man ein boot.
die micros sind busse, mindestens 30 oder 40 jahre alt, dieselungetueme, bisweilen rostgeplagt, mit defekten stossdaempfern. der fahrer sitzt auf einem dieser mit kunsstoffseil bespannten stahlrohrsitze, das wechseln der gaenge erfordert muskelkraft und gefuehl. bei soviel rost und alter ist schutz und beistand von oben vonnoeten. die frontscheibe zieren heiligenbilder, rosenkraenze, auch mal getragene kinderschuhe, die sollen ja glueck bringen. trotz der lautstaerke von schaltung und motor, dem gehupe der anderen busse, musik fehlt nie. die neusten cumbias von grupo 5 oder salsaklassiker machen die fahrt zu einem kurzweiligen erlebnis.
zu jedem bus oder combi gehoert neben dem fahrer ein assistent. junge burschen von 16, 17 jahren, die jedem potentiellen fahrgast am strassenrand die fahrtziele zurufen, fragen, kommst du mit? kommst du, es gibt noch sitzplaetze ! die assisten kassieren das fahrgeld, helfen beim ein - und aussteigen .das tun sie sehr fuersorglich: alte damen werden bei der hand genommen, kleinkinder in den bus hinein- und hinausgetragen, auch schon mal mitreisende haustiere beaufsichtigt. und bei schweren einkaufstaschen wird selbstverstaendlich geholfen. sobald die reisenden eingestiegen sind, faehrt der micro los, der fahrplan muss auch in peru eingehalten werden. was eine echte leistung ist, es gibt keine festgelegten haltestellen, angehalten wird da, wo jemand zu- oder aussteigen will. so kann es sein, dass der bus alle paar meter anhaelt.
noch lieber, als mit den micros, fahre ich mit dem combi. transporter von der groesse eines vw-busses, innen mit fuenf sitzreihen ausgestattet. in stosszeiten ist das fahrgefuehl a la sardine, bis zu zwanzig menschen finden platz in einem combi. die assisten sorgen hier dafuer dass sich niemand beim aussteigen den kopf anstoesst . mit den worten: pass auf deinen kopf auf, muetterchen, legen sie schuetzend eine hand auf den kopf aelterer damen. mir passiert das trotzdem fast immer, ich komme noch nicht in den genuss dieser fuersorge.
vor allen spaetabends uns nachts verkehren die colectivos. eigentlich taxis, aber zu dieser stunde befahren sie feste routen. sechs bis acht fahrgaeste koennen mitreisen, zwei auf dem beifahrersitz, vier auf der rueckbank und zwei hinten im gepaeckraum.
motorisierter transport in peru funktioniert sehr nachhaltig, fahrzeuge werden optimal genutzt. ich bewundere den gleichmut der einheimischen mitreisenden, fast nie sehe ich genervte oder besorgte gesichter, trotz der gefahren und unbequemlichkeiten.

Montag, 28. April 2008

feuchtgebiete in der wueste

schilfrohrtuempel in chan chan/ nordperu foto: hananpacha
die nordkueste perus ist trocken und warm. es regnet kaum, bedingt durch den kalten humboldtstrom. in dieser region fehlt die vegetation fast vollstaendig, nur an den ufern der fluesse oder in bestimmten bereichen der kueste existiert gruen. nahe am meeresufer liegen die balsares, kleine tuempel, in denen die totora, das schilfrohr, waechst. zeugnisse ueber die nutzung dieser natuerlichen wasserloecher gehen bis ins jahr 2000 vor unserer zeitrechnung zurueck.
noerdlich von huanchaco, nur fuenfzig meter vom meeressaum entfernt, befinden sich etwa 160 kleine tuempel, in denen kraeftiges schilfrohr ( scirpus californicus) gedeiht. aus diesen pflanzen werden seit altersher die caballitos de totora, kleine boote fuer einen einzelnen fischer, gebaut.
ein caballito ( dt.: pferdchen) ist schnell gemacht. man nehme schilfrohrbuendel, festes seil, eine machete und schon kann es losgehen. das rohr wird in form gebracht, zurecht geschnitten, zwei grosse straenge gegeneinander gedreht und mit seil fest umwickelt. fertig ist ein leichtes, wendiges meeresfahrzeug. die schilfboote sind leicht zu manoevrieren und werden mit einem halbierten bambusrohr gesteuert. hat ein fischer die wahl zwischen einem motorboot und einem caballito de totora, waehlt er letzteres. motorboote sind teuer im unterhalt, ausserdem schwer zu bewegen. die lebensdauer der schilfboote allerdings ist kurz. nach zwei bis drei monaten muss ein neues gebaut werden.
schon bevor die mochica (1.-9. jh. n. chr.) an perus kuesten lebten, fuhren caballitos aufs meer hinaus. damals auch in groesseren verbaenden, den patachos. einer legende nach kam takaynamo, der gruender der chimuhauptstadt chan chan auf einem patacho uebers meer. und ebenso die schutzheilige huanchacos, die virgen del socorro.
in vergessenheit geraten ist das gemeinschaftliche fischen, wie auf den keramiken der praeinka - kulturen dargestellt ist : gruppen von schilfbooten fuhren aufs meer hinaus, dazwischen wurde ein riesiges netz ausgelegt fuer den ganz grossen fang. heute fahren die fischer huanchacos einzeln aufs meer, um in kleinem umfang zu fischen. fuer den lokalen bedarf und die eigene familie. das typische fruehstueck in huanchaco sieht deshalb so aus: ein ganzer gebratener fisch, gekochte yucca (maniok) und schwarzer kaffee mit viel zucker.

Donnerstag, 24. April 2008

huacas im zuckerrohrland


huaca el brujo foto: hananpacha
panamerikana richtung norden, die farben der nordperuanischen wueste beruhigen mich. grau, ocker, hellbraun. der himmel staubfarben. es ist warm, durch die geoeffneten wagenfenster wirbelt lauer wind. wir sind auf dem weg zum archaeologischen komplex el brujo, 60 km noerdlich von trujillo. drei lehmpyramiden im chicamatal, ueberreste preinkaischer hochkulturen.
der wagen biegt von der panamerikana norte ab auf staubige nebenstrassen, die naechsten kilometer fuehren durch nicht enden wollende zuckerrohrfelder. die plantagen sind eine hinterlassenschaft der spanischen kolonisten, hier, wo sich vormals dichte waelder erstreckten, wogt seit jahrhunderten das gruene meer des zuckerrohrs. die pflanze kann das ganze jahr hindurch geerntet und neu ausgebracht werden, vor der ernte wird das blattwerk abgebrannt. schwarz wie schornsteinfeger kommen die arbeiter aus den feldern. nicht nur russ wartet in den pflanzungen, auch insekten und schlangen. eine harte arbeit.
nach fast zwei stunden staubiger fahrt auf holprigen wegen ist die huaca de cao viejo erreicht, eine von drei lehmpyramiden mitten im nirgendwo der peruanischen wueste, nahe am pazifik, ganz unscheinbare erdfarbenene huegel, die nicht vermuten lassen, dass sich hier beeindruckende zeugnisse frueher hochkulturen verbergen. im jahr 2006 sorgte die entdeckung einer frauenmumie in der huaca de cao viejo fuer eine archaeologische sensation: die aussergewoehnlich gut erhaltene mumie einer 20 bis 25 jaehrigen frau, deren grabbeigaben auf eine hohe gesellschaftliche position schliessen lassen, wurde vor 1700 Jahren in der huaca bestattet. ihr rechter unterarm ist ueber und ueber mit schlangen, spinnen und geheimnisvollen zeichen taetowiert. sie soll eine herrscherin und/oder schamanin der mochica gewesen sein.
im august 2008 wird ein museo de sitio eroeffnet werden, in dem auch die mumie der señora de cao zu sehen sein wird. dann wird sich die staubige anreise von trujillo aus noch mehr lohnen.